Was ist die Herzratenvariabilität (HRV) und wieso ist sie wichtig?

Herzratenvariabilität, Firstbeat

Die Herzratenvariabilität (HRV) scheint mittlerweile in Aller Munde zu sein, zumindest bei denjenigen, die sich für Schlaf, Erholung, Leistung oder die allgemeine Gesundheit interessieren. Das Phänomen an sich ist nicht neu, doch seine Verwendung in Wearables und anderen Geräten wird immer häufiger und ist eine eher neue Entwicklung. Viele professionelle und Mainstream-Wearables haben HRV-Messungen zu ihren Funktionen hinzugefügt und Sportler, Gesundheitscoaches und Leistungsprofis sollten die Grundlagen dieser faszinierenden Erscheinung verstehen. Ohne zu tief in die wissenschaftliche Materie einzusteigen, wird dieser Blog die HRV von einer praktischen Perspektive betrachten: was ist HRV, was kann sie über die Physiologie unseres Körpers aussagen und worauf sollte man bei der Interpretation achten. In Zukunft werden andere Blogs dieser Serie das Thema näher Beleuchten, wenn es um die praktische Anwendung oder auch den Zusammenhang der HRV mit Dingen wie Stress und Erholung geht.

Eine hohe HRV wird allgemein als Zeichen eines gesunden Herzens angesehen und mit psychologischer Gesundheit, höherer Lebensqualität und geringerer Anfälligkeit für Krankheiten in Verbindung gebracht.“

Die HRV ist das physiologische Phänomen der Variation des Zeitabstands zwischen aufeinanderfolgenden Herzschlägen in Millisekunden. Ein normales, gesundes Herz, schlägt nicht gleichmäßig wie ein Metronom. Wenn wir auf die Zeit in Millisekunden zwischen den Herzschlägen schauen, gibt es dort eine ständige Variation. Im Allgemeinen bekommen wir das nicht unbedingt mit: es ist nicht dasselbe wie der steigende und sinkende Puls (in Schlägen pro Minute), wie er sich über den Tag hinweg verändert. Sie bekommen eine Idee von Ihrer HRV, wenn Sie Ihren Puls fühlen und ein paar tiefe Atemzüge machen: wenn Sie ausatmen, werden die Intervalle zwischen den Schlägen länger (der Puls verlangsamt sich) und kürzer (der Puls wird schneller), wenn Sie einatmen – die sogenannte respiratorische Sinusarrhythmie. Neben der Atmung wird die HRV außerdem beispielsweise stark von Training, hormonellen Reaktionen, metabolischen und kognitiven Prozessen sowie Stress und Erholung beeinflusst.

Wie wird die HRV gemessen?

Eine verlässliche HRV-Analyse braucht eine akkurate Messung jedes Herzschlages und der Zeit zwischen den Schlägen. Es gibt verschiedene Technologien, um die HRV zu berechnen, doch diese zu betrachten geht zu sehr über den Zweck dieses Blogs hinaus. Wenn Sie mehr darüber wissen wollen, können Sie hier mehr nachlesen. In aller Kürze: EKG-basierte Methoden registrieren die R-Welle im QRS-Komplex und berechnen die Zeit zwischen aufeinanderfolgenden R-Wellen (R-R-Intervall, Grafik 1). So funktioniert das beispielsweise auch beim Firstbeat Bodyguard: er registriert die Herzschläge mit einer Genauigkeit von 1ms (1000HZ) für eine sehr genaue HRV-Analyse für die meisten Menschen verschiedener Körpertypen und Altersgruppen. Die meisten verfügbaren Wearables nutzen PPG (Photoplethysmopraphy), um den Herzschlag optisch über den Blutkreislauf zu erfassen – beispielsweise am Handgelenk oder am Ohr – und berechnen das Intervall zwischen den Schlägen (Inter-Beat Interval IBI). Ein Vergleich zwischen verschiedenen Methoden ist immer schwierig und das stimmt gleich doppelt für die HRV – und geht ebenfalls über diesen Blog hinaus. Aber: verschiedene Methoden und Geräte können, wenn korrekt und systematisch genutzt, hochinteressante und nützliche Informationen für den Nutzer produzieren.

Firstbeat Herzratenvariabilität

Grafik 1: Eine EKG-Grafik zeigt eine Serie von QRS-Komplexen. Die Zeit zwischen den Herzschlägen (R-R-Intervall) variiert natürlicherweise von Schlag zu Schlag und eine tiefere Analyse dieser Variation (HRV) gibt eine Menge wertvoller Informationen über den physiologischen Status des Körpers.

Herzratenvariabilität und das autonome Nervensystem

Die HRV wird durch das autonome Nervensystem (ANS) und dessen sympathische und parasympathische Zweige reguliert. Die HRV ist somit weithin als nicht-invasiver Marker des ANS anerkannt. Die sympathische Seite des ANS („Fight or Flight“) ist bei Stress aktiv und hilft uns dabei, bereit, aktiv und leistungsfähig zu sein – um die verschiedenen Situationen zu meistern, die uns das tägliche Leben in den Weg wirft. Dieser Teil des ANS setzt Stresshormone frei und erhöht die Herzfrequenz und den Blutdruck (Herzleistung) und verringert die HRV, was während Trainings und mental oder physisch stressigen Situationen notwendig ist. Die parasympathische Seite („Rest and Digest“) erlaubt dem Körper, runterzufahren und sich zu erholen, wenn die Anstrengung vorbei ist. Sie verringert die Herzfrequenz und erhöht die HRV, um die Homöostase des Körpers wiederherzustellen, nachdem der Stress vorbei ist. Dieses natürliche Zusammenspiel der beiden System erlaubt dem Herzen, sich schnell an verschiedene Situationen und Anforderungen anzupassen.

Wieso ist die HRV wichtig?

Normalerweise sollte sich die HRV während entspannender Aktivitäten erhöhen, zum Beispiel während des Meditierens oder im Schlaf, wenn das parasympathische System dominiert (siehe Grafik 2 als Beispiel). Auf der anderen Seite nimmt die HRV in stressigen Situationen natürlicherweise ab, wenn die sympathische Seite dem Körper hilft, mit den Anforderungen umzugehen. Deshalb ist die HRV typischerweise höher, wenn das Herz langsam schlägt und geringer, wenn sich der Puls erhöht. Das HRV-Level ändert sich dabei von Tag zu Tag, je nach Aktivitätslevel und Stressmenge. Wenn eine Person jedoch chronisch gestresst oder überanstrengt ist – physisch oder mental – kann das natürliche Zusammenspiel der beiden Systeme gestört werden und der Körper in einem sympathisch dominierten Stresszustand, mit geringer HRV und erhöhtem Stresshormonlevel verbleiben, selbst wenn die Person ruht. Das ist sehr belastend für den Körper und kann zu zahlreichen mentalen und physischen Gesundheitsproblemen führen.

Grafik 2: Die HRV-Grafik einer Person (RMSSD in ms) über 24 Stunden zeigt, wie die HRV während des Trainings fast auf Null sinkt (parasympathische Aktivität nimmt stark ab) und sich während der Mediation und des Schlafes signifikant erhöht. Das spiegelt sich auch im grünen Regenerationsstatus im Firstbeat Lifestyle Assessment Bericht wider und stellt eine gesunde Reaktion auf diese Aktivitäten dar.

Genetische Faktoren erklären etwa 30% des allgemeinen HRV-Levels, aber eine Person kann ihre individuelle HRV verbessern, indem aktiv an der Gesundheit, Fitness, dem Stressmanagement und den Erholungsfähigkeiten gearbeitet wird. Eine hohe HRV wird allgemein als Zeichen eines gesunden Herzens angesehen und mit psychologischer Gesundheit, höherer Lebensqualität und geringerer Anfälligkeit für Krankheiten in Verbindung gebracht. Wir müssen mit dem Leben, was uns unsere Gene mitgeben und obwohl es ein paar allgemeine Referenzwerte für die HRV eines Menschen gibt, so ist der Vergleich der HRV von zwei verschiedenen Menschen nicht zielführend. Die gute Nachricht ist, dass der Lifestyle einen starken Einfluss auf die HRV hat. Wir können unseren Lebensstil verbessern, physisch aktiv sein und für eine bessere Balance in unserem Leben sorgen – und dabei wahrscheinlich eine Verbesserung unserer HRV sehen.

 

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Praktische Anwendung der HRV?

Firstbeat hat Wege zur Nutzung der HRV unter normalen Lebensumständen entwickelt. Die HRV-Daten werden dabei in wertvolles und verständliches Feedback umgewandelt, die helfen, die Leistung zu erhöhen, richtige Trainings- und Coachingentscheidungen zu treffen sowie die Gesundheit zu verbessern. Das Lifestyle Assessment von Firstbeat ist ein professionelles Monitoring-Tool für Stress und Erholung. Firstbeat Sports ist eine Komplettlösung zur Optimierung der Trainingsbelastung und Regeneration für Sportmannschaften. Außerdem vertrauen Topmarken der Wearablebranche auf Firstbeat Analysen. Tiina ist Trainingsphysiologin und arbeitet als Wellness-Spezialistin bei Firstbeat. 4 Jahre lang war sie Skilangläuferin und war später 4 Jahre als Trainerin an der Universität von Alaska, Anchorage aktiv. Nach ihrer Rückkehr nach Finnland fand sie ihren Weg zu Firstbeat. Um ihr eigenes Leben in guter Balance zu halten, ist sie vor allem viel draußen – Kajakfahren, Wandern, Skilanglauf und in ihrer Hütte in den finnischen Wäldern.

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