Englische Verhältnisse in der Bundesliga? So kann die Winterpause effektiv genutzt werden

Während die Premier League seit Jahrzehnten auf die Winterpause verzichtet, begibt sich die Mehrheit der europäischen Fußballmannschaften im Normalfall von Ende Dezember bis Anfang Februar in die Winterpause. In der deutschen Bundeliga kann man in dieser Saison von Pause allerdings aufgrund der kommenden WM in Russland fast nicht mehr sprechen: Der letzte Spieltag 2017 findet vom 15. bis 18. Dezember statt, die 3. Runde im DFB-Pokal ist in der darauffolgenden Woche vom 19./20. Dezember. Die Rückrunde startet schon wieder am 12. Januar. Somit bleiben den Bundeligisten im Extremfall nur etwas mehr als drei wettkampfreie Wochen.

Das stellt vor allem die Athletiktrainer vor neuen Herausforderungen: wissenschaftliche Untersuchungen belegen, dass eine Verkürzung der Winterpause von 6,5 auf 3,5 Wochen zu einer erhöhten Anzahl von Trainingsverletzungen in der Frühjahrssaison führen kann (Aus der Fünten, Faude, Lensch, & Meyer 2014). Vor diesem Hintergrund stellt die Winterpause eigentlich den idealen Zeitraum zum Kräftetanken der Spieler dar. Dies bedeutet nicht unbedingt, dass das Training stark reduziert werden sollte. Vielmehr zeigt es, dass die Kombination aus Abwesenheit vom regulären Spielalltag (d.h. auch z.B. Medien, Reisen und Stress durch Spielvorbereitungen) und die vermehrt verbrachte Zeit über Weihnachten mit der eigenen Familie, die Erholung des individuellen Spielers positiv beeinflussen kann.

Drei Tage Erholung nach Wettkampfspiel

In der Regel dauert es drei Tage, um sich von einem Wettkampfspiel zu erholen. Das zeigen die Erfahrungen und Daten unserer Kunden, die mit Hilfe von HRV-basierenden Regenerationsmessungen die neuronale Ermüdung ihrer Spieler überwachen. Im Verlauf der Saison scheint sich die Regenerationsfähigkeit der Spieler dabei zu verringern, was auf ein erhöhtes Level angehäufter körperlicher Erschöpfung hinweist. Was in diesem Zusammenhang für eine gut genutzte Winterpause spricht: Die Daten zeigen auch, dass die Erholungsfähigkeit während dieser Zeit auf Einzel- und Teamebene wieder etwas ansteigt (Abbildung 1).

Abbildung 1: Mittelwert des Team-Erholungsindex einer Profi-Fußballmannschaft einen Tag nach dem Spieltag.

Die Winterpause gibt dabei nicht nur den Spielern Zeit, sich von den hohen physischen und mentalen Anforderungen zu erholen. Sie ermöglicht auch dem Trainerteam, neue Strategien auszuarbeiten, an unterschiedlichen taktischen und konditionellen Elementen zu arbeiten sowie sich aktiv von der anspruchsvollen Meisterschaftsphase zu erholen. So stellt sich vor der Winterpause vor allem aus Sicht des Athletiktrainers die Frage: Wie sollten Mannschaft und Spieler die Wochen der Pause und Vorbereitung verbringen, um optimalen Nutzen daraus zu ziehen?

Eine durchaus übliche Vorgehensweise ist, dass professionelle Fußballmannschaften aus Mitteleuropa einen Teil ihrer Vorbereitung in wärmeren Gebieten verbringen. Die besseren Wetterbedingungen und die Möglichkeit, das Team rund um die Uhr zur Verfügung zu haben, bietet dem Trainerstab hervorragende Bedingungen, um die Trainingsbelastung der Spieler zu steuern und zu optimieren.

Ein weiterer Vorteil ist, dass mehr Zeit zur Verfügung steht, die Trainingsbelastungen und Erholungsaspekte der Spieler mit diversen Monitorsystemen zu überwachen und die erhobenen Daten mit Spielern und Trainingsstab genauer zu besprechen. Aus Erfahrung wissen wir von unseren Teams, dass insbesondere die Spieler in den Trainingslagern starkes Interesse an ihren Leistungs- und Erholungsdaten zeigen. Viele Teams verwenden ihre Monitorsysteme besonders stark in den Vorbereitungsmonaten und vermeiden so diverse Ratespiele bezüglich der tatsächlichen individuellen Belastung und des Regenerationsverhaltens ihrer Spieler.

Positiver Einfluss auf Spielerverhalten

Basierend auf den objektiven Daten – in Echtzeit oder nach dem Training übermittelt – ist außerdem gut zu erkennen, wie positiv Spieler auf Daten reagieren und empfohlene Veränderungen bezüglich ihres Trainings, Freizeit- und Schlafverhaltens in dieser Phase der Saison ernst nehmen. Die erhobenen Daten aus den Trainingslagern sollten außerdem dem Athletiktrainer eine starke Schulter geben, dass das Team für die zweite Saisonhälfte bestmöglich vorbereitet ist und den hohen Belastungen im Wettkampf standhalten kann.

Vom sportwissenschaftlichen Standpunkt her, liefert im Normalfall die Vorbereitungsphase nicht nur ausgezeichnete standardisierte Bedingungen, um zum Beispiel eine Baseline für den Regenerationsverlauf der Spieler auf Kurz- oder Langzeitebene zu erheben, sondern auch eine intensive persönliche Auseinandersetzung und Weiterbildung in der Daten- Verarbeitung, Kommunikation und Umsetzung.

Die individuell gesammelten Daten bezüglich der Belastungs- und Entlastungswerte der Spieler in der Vorbereitung ermöglichen dem Trainerstab essentielle Trainerentscheidungen während der Spielsaison zu treffen und somit sicherzustellen, dass das leistungsfähigste Team auf dem Platz steht, das um wichtige Punkte im Kampf um Spitzenplätze, bzw. um den Verbleib in der Liga spielt. Ob und wie sich die verhältnismäßig kurze Winterpause der Bundesliga in dieser Saison auf die zweite Hälfte auswirkt, werden wir jedenfalls schon in wenigen Wochen erfahren können.

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Christoph Rottensteiner ist promovierter Sportwissenschaftler der Universität Jyväskylä, Finnland. Der gebürtige Grazer war von 2010 bis 2014 als wissenschaftlicher Mitarbeiter am finnischen Olympiastützpunkt KIHU im longitudinalen Forschungsprojekt “Young Finnish Athletes Particpation in Organized Sports“ tätig und seit 2014 hat er die Leitung bei Firstbeat Technologies für den deutschsprachigen Raum inne. Dort ist er als Country Manager für den Verkauf sowie die Forschung zuständig.

Referenz: Aus der Fünten K., Faude O., Lensch J., & Meyer T. (2014). Injury characteristics in the German professional male soccer leagues after a shortened winter break. Journal of Athletic Training, 49(6), 786-93. doi: 10.4085/1062-6050-49.3.51.

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