Verschiedene Kulturen haben verschiedene Trinkgewohnheiten. Schauen wir mal genauer auf das Trinkverhalten der Finnen. Der durchschnittliche Finne, der älter als 15 Jahre alt ist, hat im Jahr 2014 insgesamt 11,2 Liter Alkohol getrunken – puren, 100 prozentigen Alkohol (Nationales Institut für Gesundheit und Wohlergehen). Nach einer subjektiven Einschätzung gefragt, lassen die Finnen die Hälfte dieser Drinks jedoch scheinbar unter den Tisch fallen. Sie scheinen entweder eine unrealistische Vorstellung zu haben, oder aber schämen sich für ihren Alkoholkonsum. Wie auch immer, die Folgen von Alkohol für den Körper bleiben dieselben.
Wie also beeinflusst Alkohol unsere Erholung? Als Wellness-Spezialist habe ich Menschen mit allen möglichen Lebensstilen und Gewohnheiten getroffen und hatte phantastische Diskussionen mit ihnen über subjektive Erfahrungen im Vergleich zu objektiven Daten. Dabei ist es leicht, den Faktor zu benennen, der eine gute Erholung am effektivsten verhindert: Alkohol. Bisher habe ich nur eine Person getroffen, deren Erholung besser wurde, je mehr er trank und das war ein Profimusiker aus dem finnischen Lappland. Alle anderen, die während ihres Lifestyle Assessments ein paar Bier „im Namen der Wissenschaft“ hatten, haben gelernt, dass es ihre Erholung signifikant verschlechtert.
Verstehen Sie mich nicht falsch, ich will Alkohol nicht verbieten. Bei verantwortungsvollem Konsum kann Alkohol ein paar positive Effekte haben, die sich nicht unbedingt durch die physiologische Reaktion analysieren lassen. Beispielsweise kann er bei der Entspannung, oder in sozialen Interaktionen helfen. Wenn Sie sich aber gut erholen wollen, ist Alkohol keine Unterstützung. Alkohol hilft vielleicht beim Einschlafen, aber es gibt keinen wissenschaftlichen Nachweis, dass Alkohol auch die Schlafqualität verbessert. Ist es also überhaupt zu empfehlen, zur Entspannung Alkohol zu trinken?
Die Toleranz für Alkohol ist offensichtlich eine individuelle Frage und hängt beispielsweise von der Größe und dem Geschlecht ab: Männer können mehr Alkohol trinken, bevor es ihre Erholung beeinflusst, als Frauen. Eine Einheit Alkohol hat keinen nachweisbar großen positiven oder negativen Effekt auf die Schlafqualität. Tatsächlich kann das Feierabendbier nach einem anstrengenden Arbeitstag der einzige Moment der Erholung des Tages sein; Sie haben endlich Zeit, sich zu setzen und etwas zu entspannen. Solange es bei einem Bier bleibt… Wenn Sie sich dazu entschließen „mehr zu entspannen“, wird die Korrelation sehr klar: je mehr Sie trinken, desto schlechter erholen Sie sich. Alkohol schwächt die Erholungsqualität während des Schlafs und verzögert den Beginn guter Erholung nach dem Schlafengehen. Die untenstehende Grafik illustriert diesen Trend.
Alkohol erhöht die Herzfrequenz und schwächt die Herzratenvariabilität. Diese Effekte sind die offensichtlichsten während der ersten paar Stunden. Alkohol sorgt dafür, dass die Tiefschlafphase noch tiefer ist. Leider verzögert und verkürzt Alkohol aber auch die REM Schlafphasen, was einen negativen Einfluss beispielsweise auf das Gedächtnis, Konzentration und motorische Fähigkeiten hat. Wenn Sie 1g/kg Alkohol trinken, verringert das die Erholung in den ersten drei Stunden Schlaf um 48%, wie aus einem der Firstbeat Lifestyle Assessments hervorgeht. Gleichzeitig erhöht es die Stressreaktionen um 54%.
Teilnehmer des Lifestyle Assessmnets sind oft vom Effekt von Alkohol auf die Erholung überrascht und das sorgt für jede Menge Diskussionen und Reflektionen. Ich habe mit Freude hunderte Menschen gesehen, die zu ihren persönlichen Zielen schrieben, dass sie weniger „Sauna-Bier“ trinken wollen – ein paar Bier nach der Sauna zu trinken, ist eine typische finnische Angewohnheit. Oder aber, dass Alkohol vollständig weggelassen wird, wenn ein guter Schlaf benötigt wird.
Meiner Meinung nach wird ein gutes, glückliches Leben nicht durch Extreme definiert; eher durch das Finden der goldenen Mitte. Selbstdisziplin und ein gutes Urteilungsvermögen helfen dabei, die eigenen Ziele besser zu setzen. Lassen Sie uns darauf trinken! … aber vielleicht lieber nur ein Bier.
Dieser Text ist eine Übersetzung des Posts unseres Spezialisten für Physiologie und Wellness, Jaakko Kotisaari: „Let’s Drink to That! Reflections and Findings on Alcohol and Recovery„
Referenz: Pietilä J., Helander E., Myllymäki T., Korhonen I., Jimison H., Pavel M. (2015). Exploratory analysis of associations between individual lifestyles and heart rate variability –based recovery during sleep. The 37th Annual International Conference of the IEEE Engineering in Medicine and Biology Society (EMBC’15), Milano, Italy 25.-29.8. (peer reviewed).
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